11.11.2025

ISTANBUL KONVENTION | Gefährdet und übersehen: Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen sind in hohem Mass von Gewalt betroffen. Dennoch werden ihre Bedürfnisse in den Massnahmen von Bund und Kantonen zur Gewaltprävention kaum berücksichtigt. Dies zeigt der aktuelle Vertiefungsbericht des Netzwerks Charta Prävention, INSOS und YOUVITA, der dem Bericht des Netzwerks Istanbul-Konvention beiliegt.

Abhängigkeiten im Alltag, ungleiche Machtverhältnisse und gesellschaftliche Vorurteile erhöhen das Risiko, Gewalt zu erleben. Trotzdem finden die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in den Strategien von Bund und Kantonen kaum Beachtung.

Das Netzwerk Charta Prävention stellt darum im Vertiefungsbericht folgende zentralen Forderungen:

  • Nationale und kantonale Gewaltschutzprogramme müssen die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen und gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen entwickelt werden.
  • Strukturelle Massnahmen: Die Mechanismen von Ausgrenzung und Diskriminierung müssen anerkannt und durch einen intersektionalen Ansatz bekämpft werden.
  • Rechtliche Anpassungen: Der Schutz vor Gewalt, Zugang zu Beratungsstellen und zu externen und internen Meldestellen muss unabhängig von der Wohnform und Art der Unterstützung gewährleistet sein. Die Definition von «häuslicher Gewalt» ist auf den sozialen Nahraum auszudehnen, damit auch Gewalt in nicht familiären, aber nahen sozialen Kontexten, etwa zwischen Mitbewohner:innen oder in institutionellen Settings, erfasst wird. Bestehende Rechtslücken müssen geschlossen werden.
  • Zugängliche Hilfsangebote: Beratungs- und Schutzstellen müssen barrierefrei ausgestaltet und mit Fachwissen zu Behinderungen ausgestattet werden.
  • Sexuelle und reproduktive Rechte: Noch immer werden Menschen mit Behinderungen in ihren sexuellen und reproduktiven Rechten eingeschränkt. Zwangssterilisationen und Eingriffe gegen den Willen der betroffenen Person müssen gesetzlich ausgeschlossen werden.
  • Bildung und Sensibilisierung: Berufspersonen müssen systematisch zu Gewalt und Behinderungen geschult werden. Menschen mit Behinderungen benötigen Lernangebote, um Gefahren zu erkennen, sich zu schützen und Gewalt zu melden.
  • Forschung und Daten: Statistiken und Studien zu Gewalt müssen die Situation von Menschen mit Behinderungen unabhängig von der Wohnform erfassen.

Parallelbericht des Netzwerks Istanbul Konvention (PDF)
 

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