15.08.2025

POLITIK | Gewalt hat in der Erziehung nichts zu suchen

Ein vom Bundesrat im Auftrag des Parlaments ausgearbeiteter Gesetzesentwurf will die Eltern verpflichten, ihre Kinder ohne Gewaltanwendung zu erziehen. Nach dem Nationalrat unterstützt auch die Rechtskommission des Ständerats die Vorlage. ARTISET und YOUVITA begrüssen das Begehren ausdrücklich: Es folgt einer gesellschaftlichen Entwicklung und trägt dazu bei, Exzesse zu unterbinden.

Gewalt in der Erziehung schadet nur

Gewalt in der Erziehung kann vielfältige Folgen wie körperliche Verletzungen, emotionale und kognitive Störungen nach sich ziehen. Die psychischen Folgen sind oft schwierig zu überwinden: Depressionen, Ängste, Selbstmordgedanken oder Drogenabhängigkeit sind mögliche Auswirkungen, deren Überwindung von den Betroffenen meistens eine lange Vergangenheitsbewältigung erfordern.

Das Gewaltverbot muss klar sein

Die Erziehung der Kinder darf heute nicht mehr mit Gewalt erfolgen – darüber besteht ein gesellschaftlicher Konsens. Bereits im Jahr 1978 wurde das sogenannte Züchtigungsrecht offiziell abgeschafft. Genügt es wirklich, damit alle begreifen, dass Gewalt in der Erziehung verboten ist? Das Parlament bezweifelt es. Deswegen hat es eine entsprechende Motion von Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach überwiesen. In der Folge erarbeitete der Bundesrat eine programmatische Norm, mit der in erster Linie bei der Prävention und Sensibilisierung angesetzt werden soll. Auf diesem Wege soll klar signalisiert werden, dass erniedrigende Behandlungen von Kindern unzulässig sind.

Privatsphäre wird nicht beeinträchtigt

Die Regierung legt einen Leitgrundsatz fest, schreibt jedoch keine Erziehungsmethoden vor – die Vorlage ist also absichtlich offen formuliert: Die Eltern können weiterhin frei entscheiden, welche Erziehungsmethoden sie anwenden möchten – Gewalt gehört aber auf jeden Fall nicht dazu. Dabei kommen nicht nur keine Schläge in Frage, psychische Gewalt muss ebenfalls aus dem Alltag der Kinder verbannt werden.

Grenzen setzen, Prävention vorsehen

Das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung soll nicht im Einzelfall vor einem Gericht einklagbar sein. Um die Gefährdung von Kindern vorzubeugen und Abhilfe zu schaffen, gibt es bereits heute eine spezifische Schutzgesetzgebung. Darüber hinaus haben die Kantone gemäss der neuern Bundesratsvorlage auch dafür zu sorgen, dass sich die Eltern und das Kind bei Schwierigkeiten in der Erziehung gemeinsam oder einzeln an Beratungsstellen wenden könnten.

Kurz vor dem Ziel

Der Nationalrat stimmte dem Gesetzentwurf in der Sommersession 2025 mit 134 zu 56 Stimmen bei zwei Enthaltungen klar zu. Nun empfiehlt auch die vorberatende Kommission des Ständerats ihrem Rat der Vorlage zuzustimmen – dies mit 10 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Das Geschäft dürfte in der Herbstsession in den Ständerat kommen.

ARTISET und YOUVITA sind über die Entwicklung erfreut

Die Föderation ARTISET und der Branchenverband YOUVITA begrüssen die Ziele des vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesentwurfs im Bereich der Kindererziehung ausdrücklich. Die von YOUVITA vertretenen Institutionen für Kinder und Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf sind immer wieder mit den schädlichen Folgen von Gewalt in der Erziehung konfrontiert. Für die betroffenen Kinder ist der Weg zu einem ausgewogenen Alltag oft hindernisreich; die erlittenen Belastungen erfordern von ihnen grosse Anstrengungen. Nicht selten ist eine externe Unterstützung durch heilpädagogische Betreuung und Psychotherapie Voraussetzung, um ihre Existenz aufbauen zu können.

Änderung des Zivilgesetzbuchs zur Bewahrung der gewaltfreien Erziehung (Geschäft 24.077)