Wie man Übergänge gestaltet
Übergänge verunsichern. Das ist menschlich. Für fremdplatzierte Jugendliche können sie jedoch besonders herausfordernd sein. Deswegen ist eine bewusste Gestaltung von Übergängen wichtig. Das Wohnheim Varnbüel zeigt auf, wie diese aussehen kann.
Wir alle erleben im Laufe unseres Lebens Übergänge in neue Situationen. Das kann ein neuer Wohnort sein, eine neue Arbeitsstelle oder der Abschied von vertrauten Personen. Und manchmal fordern uns auch wiederkehrende Übergänge heraus, wie zum Beispiel solche im Tagesverlauf.
Auch im Wohnheim Varnbüel gibt es immer wieder Übergänge zu bewältigen. Für unsere Jugendlichen sind diese oft sehr herausfordernd. Für uns als Professionelle stellt sich auch aus traumapädagogischer Sicht die Frage, wie wir diese oft aufwühlenden Schritte bestmöglich begleiten können. Unser Ziel ist es, die Jugendlichen dabei zu unterstützen, zur Ruhe zu kommen und den «sicheren Ort» zu bewahren.
Alltägliche Übergänge meistern
Zeiten der Übergänge erfordern von uns Fachpersonen auf verschiedenen Ebenen eine erhöhte Präsenz. Personell heisst dies, zum Beispiel, dass wir in pädagogisch wichtigen Übergangszeiten wie am Abend, den Dienst zu zweit abdecken. Am Abend kehren die Jugendlichen von ihrem Schul- oder Arbeitstag ins Wohnheim zurück und gestalten diesen Übergang in den Feierabend unterschiedlich. Einige haben Redebedarf, andere ziehen sich zurück. Auch die emotionale und fachliche Präsenz ist während der Übergänge erhöht. Zum Beispiel sind die Jugendlichen während des Übergangs vom Tag zur Nacht oft anfälliger für Krisen. Fast alle unserer Jugendlichen leiden unter Schlafschwierigkeiten. In Gesprächen thematisieren wir, wie der Übergang vom Tag zur Nacht gestaltet werden kann. Wir machen auch Angebote zu Abendritualen, wie zum Beispiel gemeinsam einen Beruhigungstee zu trinken. Oder wir geben Lavendeltropfen für die Duftlampe im Schlafzimmer.
Ein Beispiel für einen grossen Übergang
Neben diesen alltäglichen Übergängen fanden im Jahr 2022 für sechs Jugendliche auch ein grösserer, einschneidender Übergang statt: Sie wechselten vom Wohnheim in die Aussenwohnung.
Dieser Schritt in Richtung Selbstständigkeit stellt für die Jugendlichen eine grosse Herausforderung dar. Auch hier sind wir Sozialpädagoginnen und -pädagogen besonders gefordert. Die Vorbereitung auf diesen grossen Schritt benötigt viele zeitliche Ressourcen und organisatorisches Geschick. Daneben braucht es eine gute Zusammenarbeit zwischen den Teams des Wohnheims und dem Team der Aussenwohnung. So sprechen sich die bisherigen und die zukünftigen Bezugspersonen der Jugendlichen in Bezug auf die anstehenden Aufgaben gut ab und tauschen die nötigen Informationen aus. Die Jugendlichen werden im Sinne der Partizipation in den Prozess miteingebunden. All dies bietet ihnen Sicherheit und Ruhe, damit sie später den nächsten, anspruchsvollen Schritt in ihr selbstständiges und selbstbestimmtes Leben meistern können.
Ein Höhepunkt der Übertrittsphase stellt das Abschiedsessen im Wohnheim dar. Oft blicken die Jugendlichen an diesen Abenden auf die Höhen und Tiefen während ihres Aufenthalts im Varnbüel zurück. Die verbleibenden Jugendlichen geben den Ausziehenden noch gute Wünsche für die Zukunft mit.
Wechseln im Team
Auch der Wechsel von Mitarbeitenden kann für Jugendliche oft einen herausfordernden Übergang darstellen. Deswegen gestalten wir diese Übergänge im Sinne der Traumapädagogik vorausschauend und mit einer sorgfältigen Begleitung. Die Jugendlichen werden auf geeignete Weise und frühzeitig über einen Personalwechsel informiert. Beim Abschiedsessen haben sie Gelegenheit, sich von dem jeweiligen Teammitglied zu verabschieden.
Mit unserer fachlichen und emotionalen Begleitung helfen wir den Jugendlichen, Übergänge gut zu meistern. Wie sie diese persönlich erleben, lesen Sie im nächsten Blogbeitrag. Hier berichten zwei junge Frauen, wie sie den Übergang vom Wohnheim in die Aussenwohnung erlebt haben.
Eliane Wildhaber arbeitet im Wohnheim Varnbüel in St. Gallen, wo Jugendliche und junge Erwachsene vorübergehend ein Zuhause finden. Die ausgebildete Sozialpädagogin ist stellvertretende Organisationsleiterin und verantwortlich für das Wohnheim. Hier wohnen acht junge Menschen mit sozialen oder psychischen Herausforderungen, die auf dem Weg in ein selbständigeres Leben begleitet werden.
Zurück